Die Zeit rennt. Wir sind nun schon seit genau 2 Jahren auf unserer Kithara. Unsere 2 Jahre Sabatical neigen sich dem Ende zu. Aber nach Australien, unserem Wunsch-Ziel, sind es noch 2.450 sm (4.410 km). Irgendwie konnten wir unsere freie Phase noch bis Ende Dezember 2023 verlängern. Nichts desto trotz müssen wir weiter Richtung Tonga. Wir haben 720 sm (1.300 km) vor uns. Der Wind hatte begonnen wieder etwas stabiler zu werden. Am Donnerstag, den 10.08.2023 sollte es losgehen. Dazu hatten wir am Vortag unsere Ausreise-Papiere an Harry und Teina gegeben und uns von den beiden netten Rangern verabschiedet. Da es am Abend nochmal ein Potluck gab, bei dem alle Segler zusammensitzen und gemeinsames Essen verspeisen, konnten wir unser Dinghy erst am Abfahrtstag sicher an Deck verstauen.
1. Tag
Um 13 Uhr ging es los. Die Ausfahrt aus dem Pass war unspektakulär. Wir mussten uns nun wieder auf mehrere Tage weites Meer einstellen, d. h. für einige Tage nicht mal eben schnell einen Spaziergang am Strand machen zu können. Zu Beginn hatten wir ganz guten Wind mit 16-20 Knoten von Nord-Ost, der uns von Raumschot mit guter Geschwindigkeit Richtung Tonga schob. Wir hatten unsere weiße Besegelung an Steuerbord und kamen gut voran Nachts um 0 Uhr kurbelten wir das Vorsegel weg, weil der Wind drehte und weniger wurde. Damit kam er jetzt direkt von hinten, was dazu führte, daß das Vorsegel zu schlagen anfing. Nur noch mit Großsegel unterwegs machten wir natürlich nicht mehr so schnelle Fahrt, so dass wir in den ersten 24 Stunden doch nur 140 sm (250 kn) schafften.
2. Tag:
Am nächsten Morgen konnten wir das Vorsegel wieder raus machen. Wegen des leichten Windes fuhren wir nur mit 4 kn (7 kmh). Und dann wurde der Wind noch weniger, 5-8 kn (9-15 kmh). Jetzt wurde es Zeit den Spinnaker vorzubereiten. Also alle Seile wieder verlegen und fest binden, sowie das Leichtwindsegel am Spifall hochziehen. Trotz des nur „einen Hauch von Wind“ fuhren wir den restlichen Tag mit Spinnaker eine Geschwindigkeit von 5-7 kn (9-12 kmh). Obwohl auch für die kommende Nacht nur sehr leichter Wind angekündigt war, wollten wir den Spinnaker über Nacht nicht drauf lassen. Also wechselten wir noch vor dem Dunkelwerden die Segelbekleidung unserer Kithara. Spinnaker weg, Spi-Baum seitlich auf Backbord verschieben, Vorsegel raus und das Großsegel ebenfalls auf Backbord mit der Baumbremse festmachen. So konnten wir dann die Nacht über gut durchsegeln, weil der Wind etwas von Nord-Ost kam. Trotz aller Bemühungen, fuhren wir nur 3-4 Knoten (5-7 kmh) und kamen nur sehr schleppend voran. Wir mussten sogar den Motor dazu schalten um zumindest etwas voran zu kommen. Und dann drehte der Wind etwas und kam direkt von hinten. Also wieder alle Mann an Deck und das Großsegel langsam mit der Baumbremse fieren und zur Mitte holen, dann die Baumbremse an Backbord vollständig los machen und auf Steuerbord befestigen. Dann das Großsegel langsam auf der Steuerbord Seite wieder raus lassen. Fertig war unser Schmetterlings-Setup. Beim Schmetterling muss man den Motor wieder aus schalten, damit nicht der Fahrtwind von vorne in die Segel bläst. So dümpelten wir mit 3-4 Knoten durch die Nacht Am Morgen wurde es uns dann zu blöd und wir machen das Vorsegel weg und den Motor wieder an. Der 2. volle Segel-Tag ging mit 122 sm (200 km) als bisher trauriger Rekord in unser Logbuch für den Pazifik ein.
3. Tag:
Samstag, der 12. August 2023 war mit 24 Stunden Leichtwind angekündigt. Mit unter 10 Knoten Wind, war es sogar für unseren Spinnaker zu wenig. Der Vorteil war dass die Wellen weniger wurden und wir nicht mehr so unangenehm schaukelten. Nachdem die See ruhiger war und wir kaum Fahrt machten, entschieden sich die Kinder eine kleine Abkühlung in weiten und tiefen Pazifik zu nehmen. Wir kurbelten die Segel weg und ließen die Badeleiter ins Wasser, damit sie sich daran festhalten konnten. Und da merkten wir erst, wie schnell wir doch, auch ohne Segel, noch fuhren. Die Kinder wurden mit 3 kn (5,5 kmh) hinter Kithars hergezogen. So schnell kann nicht einmal unsere Wasserratte Jenny schwimmen. Nach dem Badestop zogen wir die Segel wieder hoch und fuhren gemächlich weiter unserem Ziel entgegen. Es war sogar so angenehm, dass wir an Bord auch wieder Sport machen konnten. Wir spürten, dass unsere Muskeln ohne viel Bewegung langsam anfingen nach zu lassen. Am Abend warteten wir vergeblich, dass der Wind zurückkehrt. Selbst in den Squalls bzw. kleinen Regenschauern, die man schon von weitem sehen konnte, war dieses mal kein Wind dabei. Erst gegen 3 Uhr nachts drehte der Wind dann auf Süd-Ost und nahm etwas zu. Bei bis zu 15 kn Wind spielt unsere Kithara am besten und wir tanzten mit über 6 kn (11 kmh) durch den Pazifik. Trotz des Badestops und der anfänglichen Flaute, schafften wir am 3. Tag unserer Überquerung immerhin noch 127 sm (228 km).
4. Tag :
Am Sonntag, den 13.08.2023, nahm der Wind noch etwas mehr zu und blies jetzt mit bis zu 25 kn (45 kmh). Damit hatten wir einen tollen Segel-Tag,, was sogar in die Nacht hinein, ohne große Squalls hielt. Damit kamen wir unserem Ziel Tonga, ohne Komplikationen, 157 sm (283 km) näher. So lieben wir das Segeln. Konstanter Wind, gute Geschwindigkeit und nicht ständig Segel umbauen zu müssen. So könnte es die letzten 200 sm (360 km) ruhig weiter gehen.
5. Tag:
Bei uns ist es Montag, der 14.08.2023. Unsere Freunde von Water Dogs, die in einem super schnellen Katamaran unterwegs sind, sind gerade in Neiafu, dem Hauptort der Vavau Gruppe von Tonga angekommen. Dort ist es bereits Dienstag, der 15.08.2023, d. h. auch wir werden bald die Datumsgrenze überfahren und einen ganzen Tag verlieren. Aber jetzt mussten wir erst einmal ankommen. In der 5. und für uns letzten Nacht vor Ankunft hatten die Kinder ihre übliche Wache von 20 – 24 Uhr. Alle 15 Minuten schauten René und Jenny abwechselnd nach vorne und hielten nach anderen Booten oder Hindernissen ausschau. Wir hatten weiterhin guten Wind mit 14-17 kn (25-30 kmh). Für Kithara ist das der perfekte Wind, bei dem wir relativ schnell, aber noch sehr angenehm unterwegs sind. Der Wind hatte etwas auf Süd-Ost gedreht, so dass er nun in einem Winkel von 90° von Backbord kam. Damit hatten wir eine gute Geschwindigkeit von 5-7 kn (9-12 kmh). Bis Hans um ca. 23.45 Uhr einen leichten Knall hörte. René hatte gerade nach vorne geschaut und konnte nichts ungewöhnliches feststellen. Doch dann bremste Kithara plötzlich ohne erkennbaren Grund von 7 kn (12 kmh) ab auf 3 kn (5 kmh). Unten in der Kabine konnte man ein wiederkehrende Klong – Klong hören, wie wenn eine kleine Festmscher-Boje ständig gegen den Rumpf schlagen würde. Kithara drehte automatisch in den Wind, der Rudersensor reagierte nicht mehr und das Ruder ließ sich nicht mehr bewegen. Dann hieß es schnell alle Mann (bzw. Frau) an Deck und schnell die Segel runter nehmen, die bereits im Wind flatterten bzw. Back standen. So konnten wir Kithara zumindest erst einmal komplett abbremsen um zu erforschen, was passiert war. Das Ruder reagierte immer noch nicht. Daher schalteten wir unsere Heidi, die Windsteueranlage ein, die ebenfalls ein kleines Ruder hat um uns aus dem Wind raus und vor dem Wind zu halten, bis wir das Problem behoben hatten. Da der Wind immer noch von Süd-Osten kam fuhren wir etwas zu weit in den Norden, was aber erst einmal nicht so wichtig war. Ohne Segel, schob uns der etwas stärker (bis 23 kn – 41 kmh) werdende Wind von hinten mit tatsächlich 3-5 kn (5-9 kmh) vorwärts. Wir vermuteten, daß wir in ein nicht beleutetes Fischernetz gerauscht waren, was uns abbremste und dann wohl gerissen sein musste. Das Klong Geräusch war nicht mehr zu hören. Bevor wir wieder alle Segel hoch machen bzw. den Motor anmachen wollten, mussten wir sicher gehen, dass sich nichts mehr im Ruder oder gar der Motorschraube befand. Da hatte René eine echt gute Idee, nämlich die Unterwasser Kamara an einem Seil mit Taschenlampe ins Wasser zu lassen, um Ruder und Motorschraube zu Filmen. Es brauchte mehrere Versuche, bis Kamara und Taschenlampe an der richtigen Stelle positioniert waren, um gute Aufnahmen von Ruder und Schraube zu liefern. Aber am Ende sah es so aus, als wäre tatsächlich nichts mehr am Ruder oder in der Schraube. Nach 1,5 Stunden Driften in die falsche Richtung, wagten wir es dann doch nochmal das Ruder zu bewegen. Dieses Mal ließ es sich tatsächlich drehen. Dann machten wir auch den Motor wieder an, um etwas mehr Fahrt aufzunehmen und die Segel raus holen zu können, damit wir den richtigen Kurs zu unserem Ziel folgen konnten. Als die Aufregung sich gelegt hatte rasten wir mit einer Geschwindigkeit von bis zu 8 kn (15 kmh) unserem Ziel entgegen. Morgens um 5 Uhr überraschte uns dann doch noch ein dicker Squall mit Regen und Starkwind von bis zu 34 kn (61 kmh), so dass Hans, nach der aufregenden Nacht seine Wache leider wieder etwas früher beginnen musste. Wir kurbelten das Vorsegel etwas rein. Trotz des kaum noch vorhandenen Vorsegels machten wir noch eine Geschwindigkeit von max. 10 kn (18 kmh), was für unsere Kithara schon recht schnell ist. Am 5. Tag unserer Überquerung schafften wir trotz fast 2 Stunden Treiben lassen immer noch 155 sm (279 km).
6. Tag:
Am für und letzten Tag der Überquerung nach Tonga sahen wir das erste Mal ein anderes Schiff, nämlich den 130 m langen Frachter „Capitaine Magellan“, der hinter uns in 0,8 sm (1,5 km) auf seinem Weg nach Neuseeland kreuzte. Wir hatten nur noch 47 sm (85 km) vor uns. Aber das sollten noch einmal sehr anstrengende Seemeilen werden. Zuerst kam der immer noch recht starke Wind 20 – 35 kn (36 – 63 kmh) von der richtigen Seite, so dass wir bei einem Einfallwinkel von 70° mit guter Geschwindigkeit von bis zu 10 kn (18 kmh) voran kamen. 20 sm (36 km)vor unserem Ziel hatten wir an dieser ziemlich bewölkten Überfahrt endlich Land in Sicht und konnten Tonga am Horizont erkennen. Es war Dienstag der 15 August 2023 um 14.30 Uhr. Normalerweise sollten die letzten 20 sm in 5 Stunden zu schaffen sein, aber hinter der Insel mussten wir unseren Kurs a passen, um an der Insel herum zur Einfahrt zu gelangen, so dass der Wind mit immer noch 20 – 30 kn (36 – 54 kmh) nun direkt von vorne kam. Wir korrigierten unsren Kurs etwas weiter östlich, so dass der Einfallswinkel des Windes bei 40° lag, was für unsere Kithara gerade noch so segelbar ist. Weiter östlich wollten wir nicht fahren, da wir sonst an Tonga vorbei gesegelt wären. Allerdings brachte der starke Wind auch ziemlich starke Wellen mit sich, gegen wie wir ankämpfen mussten, so dass es ein sehr ungemütlicher Ritt für uns und Kithara wurde. In 3,5 Stunden sind wir unserem Ziel nur 6 sm (11 km) näher gekommen. Wir machten gerade einmal eine Durchschnitts-Geschwindigkeit, von nicht einmal 2 kn (4 kmh). So hätten wir vielleicht sogar schneller schwimmen können… Um 18 Uhr entschieden wir uns dann die letzten Seemeilen nicht mehr zu segeln und schmissen den Motor an. Das machte die Fahrt aber auch nicht weniger unangenehm. Wir hüpfte von einer Welle zur nächsten, konnten unseren Kurs nun aber zumindest direkt auf die Einfahrt richten. Zusätzlich gab es immer wieder Regenschauer, was die letzten Stunden auch noch richtig kalt werden ließ. Wir mussten das zweite Mal (nach der Fahrt zu den Galapagos Inseln) auf unserer Reise unser Ölzeug heraus holen. 2 Stunden später erreichten wir dann nach 8 sm (15 km), bereits im Dunkeln, endlich die Einfahrt nach Tonga. Von hier waren es noch 6 sm (11 km) durch geschützte Kanäle bis zum Ankerplatz am Hauptort der Vavau Gruppe, Neiafu. Eigentlich mögen wir es gar nicht im Dunkeln an einem neuen Ort anzukommen. Im Dunkeln sieht man nämlich die Untiefen und Bommies nicht. Aber in Neiafu gab es Bojen, an denen man fest macht und muss sich nicht erst einen guten Platz zum ankern suchen. Außerdem waren unsere Freunde von Water Dogs und Milonga bereits vor uns angekommen und konnten uns eine der letzten Bojen reservieren. Um 21 Uhr sind wir nach Bord-Zeit am 15.08.2023 nach 742 sm (1.336 km) in Tonga angekommen. Aber wir hatten ja die Datumsgrenze überfahren, so dass hier bereits der 16.08.2023 um 21 Uhr ist. Damit hatten wir einen ganzen Tag verloren und das war ausgerechnet Annes Geburtstag, so dass sie keinen Tag älter wurde.. Normalerweise sind wir nach einer langen Überfahrt ziemlich KO und ungepflegt, so dass wir uns ungerne direkt in Gesellschaft begeben. Aber unsere Freunde hatten sich so sehr auf uns gefreut und es gab 2 Geburtstage zu feiern, also machten wir uns kurz frisch und trafen uns auf dem Katamaran unsere Freunde, wo wir mit Pizza und einer leckeren Eistorte empfangen wurden.



















